Stil (Spielzeit): Black Metal (51:54)
Label/Vertrieb (VÖ): Debemur Morti/Soulfood (20.05.11)
Bewertung: 7,5/10
Link: http://www.infestus.com
Leben wir oder atmen wir nur noch?
Diese Frage stellt sich Andras, der mittlerweile vollkommen allein als INFESTUS die Bude rockt. Obwohl – solches Vokabular ist hier nicht angebracht. Die selbstbezeichnete Ein-Mann-Entität ist schon seit einigen Jahren im schwarzmetallischen Gewerbe zu Hause und feuert nun das dritte Album aus dem Höllenschlund. Die wenigen Infos, die man zu diesem Projekt findet, beschreiben dieses als geistigen Abgrund, der sich in der Irreversibilität des Untergangs gebrochener Personalität widerspiegelt.
Um sich nicht noch mehr in schwarzseherischer Alltagsphilosophie zu verlieren, geht es nun um die Musik. Der Einstieg namens „Akoasma" bedeutet laut einem bekannten Internetlexikon soviel wie sprachlose, akustische Halluzination. Dementsprechend tritt als Schizophrenie-Erscheinung nur kurzes Flüstern auf, das sich gut in die sich aufbauende dunkle Klangwand einfügt.
Um den fast cartesianischen Zweifel an allem schonungslos darzustellen, sind fünf der sieben Songs locker über acht Minuten lang – und dabei nie langweilig. Schon in „Down Spiral Depersonification" tauchen Schreie auf, welche die Gedanken ins Depressive abschweifen lassen. Mit grimmigem Trauerflor gibt es zwischen Blastbeats und Akustikklampfe genug zu hören, das einem den Sonnenschein aus dem Gesicht bläst. Trotz aggressivem Drumming findet man in „Darkness Blazing In The Flame Of Fire" eine melancholische Hookline zum Mitsummen, bevor die Stakkato-Gitarren wieder Vollgas geben.
Da auf dem Cover der Promo-CD die sieben Songs zwischen Teil drei und vier eine Lücke lassen, scheint mir hier eine Splittung vorzuliegen, die man auch an dem zweiten Vier-Minuten-Song als „Einstieg" bemerken kann.
Dieser Einschnitt zeigt sich auch im Aus- und Einfaden der beiden mittleren Stücke, so dass die schwarze Wand nochmals aufgebaut wird. „Mirror Mind Reality" zündet mit einem rockigen Groove, der oftmals durchschlagenden Erfolg hat, bis sich dissonanter Lärm oder tragische Saiten-Melodien zwischen die Lauscher verankern. Bei solch langen Stücken ist es müßig einzelne Parts hervorzuheben oder alles Schritt für Schritt zu analysieren. Denn im großen Zweischritt entsteht mit „Ex|Ist" eine melancholisch-depressive Atmosphäre, die einerseits keine Synthies und besondere Sperenzchen einsetzt, sondern mit einfachen Mitteln ein komplexes Klangkonstrukt der seelischen Dunkelheit erzeugt.
Um sich am Frühsommernachmittag leicht berieseln zu lassen, dazu taugt diese Scheibe wohl kaum. Wenig Eingängigkeit, dafür stimmungsvolles Schwanken zwischen aufgebrachtem Schrei und mentaler Schwermut, das bringt Andras mit „Ex|Ist" in epischer Länge auf den Punkt. Ist die Existenz damit am Exitus oder kann der Trennungsbalken zwischen Leben und Tod sich auflösen? Die Musik gibt eine Antwort – vielleicht.
Manuel
"Größtenteils harmlos."